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Hundert Wege

Ich bin ein Rumtreiber, von Geburt an
perspektivisch fehlgeleitet,
hunderte Straßen haben mich irritiert und
nicht zu einem Weg geführt. Hundert Frauen nicht.

Da war eine Frau in Hamburg, ich traf
sie bevor der Sommer begann, und sie
fütterte die Möwen am Kai und
küsste den kalten Regen weg.

Ich stolperte durch den Korridor der Gefühle,
umtriebig und unwissend was die Gegenwart
mit der Zukunft verband.
Nichts?

Da war eine Frau in Frankfurt, der ich mitten im
Winter begegnete, sie lachte in die dunklen Wolken
des trüben Himmels, und ihre Tränen schmolzen den
Schnee, sobald sie von Liebe redete.

Ich bin ein Rumtreiber der nach imaginären Orten sucht,
der Liebe sucht die es nur dort
gibt, wo ich sie nicht finden kann.

Da war eine Frau in Dortmund die meiner Stimmung
entsprach, aber als ich aufhörte zu träumen,
hörte ich auf sie zu lieben, und sie schloss sich an.

Ich bin ein Rumtreiber, und da war ein Girl in
Thailand, von der ich wusste, dass sie mein Geld
liebte und den Wechselkurs täglich studierte.

Hundert Straßen sind nicht genug, vielleicht bin ich
ein Drama ohne Inhalt, hundert Mal verliebt sein
ist wie hundert Mal zum Klo zu gehen.

Und da war ein Mädchen in Laos, dass meine Träume
wie ihre eigenen sah und nicht wusste, dass ich
lediglich eine Etappe nahm, aber sie klammerte sich
fest und ich liebte sie 12 Wochen lang.

Manchmal war das Leben gut zu mir, doch alle
Frauen gingen irgendwann, oder ich ging,
und Hundert Wege endeten ohne Ziel,
und wenn man es relativ betrachtet, sah alles aus wie gestern,
als ich jung war und nicht ans Älterwerden dachte.
Deshalb meint es die Geschichte gut mit mir,
weil ich sie selbst schreibe.

Alte Geschenke

Wie fühle ich mich nach all den Frauen
aus der Jugend, die ebenfalls älter
geworden sind,
was ich aber nicht sehe, nicht weiß, denn
sie sind weg und kommen nie wieder,
und trotzdem bleiben die schönen
Momente.
Wie sehen die verblichenen Jahre aus und
der Rest der verbleibenden?
Doch das ist kein Gedicht über den Tod
und das Ende, es ist der Anfang eines
Lebens vor dem Tod, der die Maske
einer schönen Frau trägt, eine von denen,
die mir vor 100 Jahren begegnet sind,
als ich jung war und nie zuviel bekommen
konnte und wegen der verpassten
Möglichkeiten zu wenig bekam.
Man darf sich nicht lächerlich machen und
jede hingekritzelte Zeile der Liebe
widmen, weil es dann abgeschmackt 
klingt: dies für Marie, dies für Janet,
dies für Isabella und so weiter, bis
man alle europäischen und exotischen
Namen durch hat,
aber immer noch nicht alle Frauen.
Das ist ein Gedicht an dich, meine Liebe,
und falls wir uns treffen, wird es
wie sterben zu Weihnachten sein,
noch bevor man
sein Geschenk ausgepackt hat.

Sie

In der Erinnerung lacht sie mich noch
an, eher versteckt und verstohlen,
und manchmal schlägt sie
mir urplötzlich ins Gesicht,
rammt mir ein Messer in den Rücken
und hält das Gedächtnis wach,
aber ich bin längst zu alt,
um den vergangenen Schmerz zu spüren.

Manchmal küsst sie mich für eine
sehr kurze Zeit,
wie ein warmer Regen oder ein kaltes
Bier im Sommer, wie ein Reflex,
doch der Winter steht bevor
und sie lässt sich immer seltener blicken,
Die Liebe,
wenn der Schnee pfeifend über
die frischen Gräber peitscht.