In Thailand heißt das traditionelle Neujahrsfest
Songkran und findet vom 11. bis zum 18. April
statt. Der Sinn des Festes ist, den Körper und
die Seele zu reinigen und so in das neue Jahr
einzutreten. Erst später, durch den Tourismus
bedingt, hat es sich zum Wasserfest und einem
landesweiten Besäufnis mit hoher Unfallziffer
entwickelt.
Der April ist der heißeste Monat und Wasser eine
Erfrischung. Auf Phuket, in Bangkok und Pattaya
geht es besonders heftig zu. Gut gefüllte
Bottiche stehen am Straßenrand, man ist mit
Wasserpistolen und Plastikschalen bewaffnet,
Mekong-Whisky und Singha-Bier heizen die Stimmung
an, und dann braucht es ein Ventil, um Tradition
und Moderne auszuleben. Und das geschieht bereits
am Vormittag, später folgt eine lustige
Prozession, eher ein Karnevalsumzug, und dann
geht es weiter bis in die Nacht, drei Tage lang Wasser marsch.
Polizisten, die zu zweit und korrekt uniformiert
auf ihren Mopeds unterwegs sind, lassen sich
bereitwillig benässen, Touristen sind genau
deswegen unterwegs, und jugendliche Thais,
ebenfalls motorisiert, machen sich einen Spaß
daraus in voller Fahrt eine Ladung Wasser ins
Gesicht geklatscht zu bekommen. Wer per pedes
unterwegs ist, tut gut daran seine wichtigsten
Habseligkeiten, nämlich Handy und Portemonnaie,
in einer Plastiktüte vor Wasserschäden zu
schützen.
Nach der
buddhistischen
Sage hatte
Kabilaphrom,
einer der
Gottheiten,
eine Wette
gegen Thammabal
Kuman verloren
und musste sich zur Einlösung seiner Wettschuld
selbst den Kopf abhacken, und weil er eine Gefahr
für die Welt darstellte, befahl Kabilaphrom
vorher seinen sieben Töchtern, ihn auf ein
goldenes Tablett zu legen und nach der Prozession
in einem Schrein in der Kanduli-Höhle
aufzubewahren. Seitdem musste dieser Akt jährlich
wiederholt werden, wobei sein Kopf mit Wasser und
Duftstoffen besprüht wurde. Jene sieben Töchter
wurden Songkran genannt. Soviel zur Historie.
Heute benutzt man Schlämmkreide statt Parfüm, sie
wird einem ins Gesicht und auf den Körper
geschmiert und symbolisiert das Schlechte, dann
wäscht das Wasser den Menschen rein, und er kann
sich getrost ins neue Jahr begeben.
An den „sieben gefährlichen Tagen“ zu Songkran
2017 starben auf den Straßen des Landes bei 3.690
Unfällen 390 Menschen. Verletzt wurden 3.808
Kinder, Frauen und Männer, hervorgerufen durch
übermäßigen Alkohol- und Drogenkonsum, oder als
Opfer der Umstände. Aber die Statistik hat selten
mehr als informativen Charakter, zu groß ist der
touristische Hype. Gleichzeitig gab das
Verkehrsministerium bekannt, zur Förderung der
Mobilität die Mautgebühren der Autobahnen 7 und 9
auszusetzen.
„Bleib Zuhause,
wenn du kein
Wasser magst”,
so der Slogan,
„oder geh raus,
wenn du bis auf
die Knochen
nass werden
willst.” Es ist
unmöglich der Wasserfront zu entgehen, selbst in
den entlegensten Straßen erwischt es dich,
manchmal eiskalt, weil man das Lebenselexier mit
Eiswürfeln runterkühlt, um den nötigen Effekt
hervorzurufen.
„I get rid of it”, sagt ein alter Engländer,
„wann hört die Schweinerei auf?” Typisch
englisch, in London hängt täglich der Nebel über
der Themse und der Regen über Soho. Seltsam,
jeder will das Gegenteil von dem, was es gerade
gibt. Allerdings wurde längst aufgerüstet, die
Stationären bekommen es mit den Mobilen zu tun –
die Regentonnen auf Pick-ups transportieren und
ihrerseits das Fußvolk „reinigen”. Drei intensive Tage Sanook, also Spaß. Der Alkohol, der fließt,
steht dem Wasser kaum nach. Nachmittags flaut es ein bisschen ab, man kultiviert den Rausch, abends wird wieder aufgedreht, denn drei Promille
Alkohol im Blut bedeuten noch keinen
Gesichtsverlust. Songkran ist wie Karneval. Zwar
hat man den Thais Glücksspiel, Drogen und
Prostitution gesetzlich verboten, zwar gilt im
Straßenverkehr eine Alkoholgrenze von 0,5
Promille, doch Thais sind ziemlich pragmatisch:
Lebe den Tag. Und das tun sie besonders an den 26
Feiertagen im Jahr.