Harry in Not
Wer Malorny kennt, der
weiß um seine Bukowski
Ader. Auch in seinem
neusten, im Jahre 2017
erschienenen Roman wird
diese Manier deutlich.
Ein Anti-Held am Rande
jeglicher
gesellschaftlicher
Vorzüge und eine
Bekanntschaft,
aufgewachsen zwischen
innerfamiliärer Vergewaltigung und Prostitution,
machen sich völlig abgeschieden von jeden Normen
und Werten auf zu einer Reise, geprägt von jeder
Menge Gewalttaten, Melancholie und dem Tod.
Die Dortmunder Nordstadt ist kein idyllisches
Pflaster. Besonders nicht für Harry, den
Protagonisten in Hartmuth Malornys neustem Roman
„Harry in Not“. Geprägt durch ein Leben zwischen
Drogen, Sex, Gewalt und jeder Menge Armut und
Dreck ist für Harry der letzte Ausweg klar – die
Flucht. Der kaum moralische Roadtrip zweier
gesellschaftlicher Verlierer mit dem Ziel der
endgültigen Befreiung aus dem trostlosen Leben.
Harry hasst den Winter. Bei gerade einmal 11 °C
sitzt er in seiner heruntergekommenen Wohnung
inmitten der Dortmunder Nordstadt und starrt auf
die Eisblumen, die sich inzwischen von innen an
seinen Fensterscheiben gebildet haben. Nicht mehr
lange, dann würde Isabella vor seiner Haustür
stehen. Die beiden haben sich im Internet
kennengelernt. Er, im mittleren Alter, war auf
der Suche nach einer Begleitung. Denn Harry
wollte raus aus diesem hoffnungslosen Leben, in
dem er gefangen war. Mit ihren jungen 21 Jahren,
unerschrocken und voller Entschluss, ist sie
bereit mit ihm diese Reise anzutreten.
Ohne viele Spuren zu hinterlassen, ziehen beide
los. Malornys stereotypische Schicksalsschläge
machen sich breit. Als Kind wurde Isabella von
ihrem pädophilen Vater vergewaltigt. Als sie ihm
nicht mehr reichte, wurde ihr Körper verkauft.
Völlig desillusioniert von ihrer Kindheit und mit
Suizidgedanken im Gepäck, folgt sie Harry.
Überfälle sichern beiden das Überleben. Denn ohne
Geld kommen auch zwei gebrochene Persönlichkeiten
nicht weiter in Richtung Süden.
Harmonisch ist diese Reise keineswegs. Immer
wieder lauern den beiden komische Gestalten auf
und auch vor Mord schrecken sie nicht zurück.
Harry und Isabella können nichts mehr verlieren,
denn der gemeinsame Suizid war schon von Anfang
an im Gespräch.
Lesenswert aber nichts für schwache Nerven.
Hartmuth Malorny setzt auch in „Harry in Not“ auf
klischeebelastete Verlierer im Leben. Schroffe
Sprüche und fehlende Moral untermauern die
Charaktere Harry und Isabella in einer gewohnt
bukowskischen Art. Durch häufige Zweideutigkeiten
und explizite Anspielungen bekommt „Harry in Not“
seine eigene Note. Der in Wuppertal geborene
Schriftsteller porträtiert hier seinen Anti-Helden, zum Teil autobiografisch, wie aus einem
Bilderbuch für gescheiterte Lebensentwürfe. Die
Darstellung des Dortmunders Harry lässt schnell
eine Konnotation mit seinem Schöpfer Hartmuth
Malorny zu, welcher ebenfalls ein Teil seines
vielfältigen und von Veränderung geprägten Lebens
in Dortmund verbrachte.
Fazit: Für alle Leser, die einen Roman erwarten, der seine Charaktere nicht in Watte verpackt und
zusammen mit Humor aber auch Strenge ihre
unmoralischen Geschichten widerspiegelt, für die
ist Malornys „Harry in Not“ der perfekte
Lesestoff.