Zwei Meinungen prallen aufeinander, und zwar so
gegensätzlich, dass sie eigentlich kollidieren
und sich dabei gegenseitig auslöschen müssten.
Das passiert nie. Es geschieht höchstens, dass
sich die Meinungsmenschen persönlich an die
Gurgel gehen und jeweils das Leben des anderen
beenden. Und jeder der beiden Verblichenen wird
in der Vorstellung sterben, es mit der richtigen
Meinung getan zu haben.
A sagt B, und B sagt A. Als es noch kein C gab,
waren die Stellungen klar definiert. Mit dem C
etablierte sich eine dritte Seite, nämlich der
Kompromiss. Damit, sollte man glauben, wäre ein
großer Teil der Probleme geregelt. Aber so
einfach ist das nicht, denn die Meinung wird
mannigfaltig zur Wahrheit stilisiert. Jeder hat
eine, vertritt und verklärt sie, die Bandbreite
ist groß. Außerdem ist die Verwechslungsgefahr
zwischen Glauben und Wissen enorm, und selbst wer
penibel nach der Wahrheit sucht, findet oft eine
falsche.
Fake news ist ein Anglizismus mit hohem
Potenzial, dank Globalisierung und Internet.
Früher brauchte der Hochstapler ein gewisses
Charisma und eine plausible Geschichte. Viktor
Lustig zum Beispiel, ein Trickbetrüger der ersten
Garde, wirkte zu Beginn des 20. Jahrhunderts, er
verhökerte nicht nur Gelddruckmaschinen,
sogenannte Rumänische Schachteln, sein
Husarenstück war der Verkauf des Pariser
Eiffelturms. Das war damals ohne Internet einfach
und basierte einzig auf seiner Überzeugungskraft.
Mit Internet ist der Verkauf nicht existierender
Dinge ebenfalls einfach (Lustig wäre belustigt),
weil man jetzt eine Masse ansprechen kann, im
Sinne von: unter 10. 000 Typen werden schon 2-3
Deppen sein.
Die Wahrheit spricht den Geist an, man will ja
kein Depp sein. Ich weiß, was du nicht weißt, und
das ist richtig. Solange sich der Unwissende mit
Faulheit oder grenzenlosem Vertrauen bequemt,
haben fake news leichtes Spiel. Selbst
Blödheiten, die jeglicher Logik entbehren, halten
sich hartnäckig, zum Beispiel, dass die Erde
flach und nur 5000 Jahre alt sei, oder Aliens,
die uns dauernd einen Besuch abstatten. Politiker
müssen lügen, das liegt in der Natur einer
Demokratie, ihre Karriere hängt am Wahlergebnis,
also an der Zustimmung des Wählers. Trotzdem
tappen sie in Fettnäpfchen, rudern oder treten
zurück, um dann ein wahrhaftiges Buch zu
schreiben. Intelligent zu sein, heißt nicht klug
zu sein, dann dazu gehört Moral. Normen,
Grundsätze und Werte regulieren das
zwischenmenschliche Verhalten in einer
Gesellschaft, es geht nicht immer geradeaus, der
Kompromiss ist keine Schwäche.
Die sozialen Netzwerke entarten zu einer
asozialen Plattform, aber das ist den Nutzern gar
nicht richtig bewusst, sie freuen sich über
Daumen hoch, Likes und lustige Emojis. Doch nicht
jeder teilt, was der andere gepostet hat, dann
prallen „Fratzen-Smileys“ und Meinungen
aufeinander, man wühlt sich durch einen Fäkal-Sturm und ist entrüstet. Wir leben bereits im
Internet – statt es nur wie ein Werkzeug zu
gebrauchen. Facebook und Co. mutieren zur
virtuellen Familie, der Status dort ist höher als
der reale, und wer keine Freunde hat, kriegt sie
hier – mit den Feinden – fast gratis.
„Das Bessere ist des Guten Feind.“ Voltaire