Durch reinen Zufall strandete Hartmuth Malorny
1979 in einer seltsamen Musikerkneipe in
Nashville. Einen ganzen Tag verbrachte er in
Tootsie’s Orchid Lounge, betrank sich und spielte
mit der Juke-Box. Erst am Ende begriff er, dass
er in der legendärsten Bar der Country-Musik
gelandet war.
John Carter Cash war ungefähr 10 Jahre alt, als
er mit seinem Vater ein Filmfestival in New York
besuchte, um sich ein paar James-Bond-Filme
anzuschauen. Beim Intro zu „Goldfinger“ sagte der
Vater zu seinem Sohn: „That’s the finest
orchestra in the world, that’s the Royal
Philharmonic.“
Schon als der Mann starb, am 09. März 1994, war
er alt, und würde, lebte er noch, heute seinen
100. Geburtstag feiern. Schriebe er hin und
wieder noch ein Gedicht? Säße er im Rollstuhl auf
dem Flur eines Altenheims in geistiger
Umnachtung? Hätte er einen Youtube-Kanal? Das ist
zu viel im Konjunktiv.
Man gedenkt dem dirty old man in ausschweifenden
Erinnerungen, setzt persönliche Zeichen, kramt
heraus und interpretiert neu. Es sind nicht alles
Huldigungen, auch kritische Stimmen sind lesbar.
Wer in diesen Tagen die Suchmaschinen mit
Bukowski-Tags füttert, bekommt Ergebnisse wie:
Alle reden zu viel; gefeierter Außenseiter; vom
Tankwart zum Kult-Autor; Dichter der Randexistenzen.
Diesen, schon zu Lebzeiten in Deutschland
aufgebauten Ruhm, hat Bukowski Carl Weissner und
Benno Käsmayr (Maro Verlag) zu verdanken: Charles
dichtete, Carl übersetze, Benno verlegte.
Bukowski war für einen Teil der deutschen
Leser/innen eine literarische Nische, quasi
Underground, eine sprachliche Suhle mit
Wiedererkennungseffekt, eine Identifikation mit
dem Autor. Der Bukowski-Zug rollte, er nahm, was
den Ruhm betraf, erst ziemlich spät Fahrt auf, und weil er recht langsam in Gang kam, allerdings
wie eine Teermaschine mit Blaulicht, wurden die
Trittbretter gefüllt und spülten Geld in die
Kasse. (Verfilmungen, Interviews, Lesungen,
Artikel.)
Nun ist der Dichter seit 26 Jahren tot, und die
Fans sind gealtert. Ihre Rückblicke beschreiben den Geist einer früheren Zeit, meist mit der
eigenen Jugend verbunden, und der Begriff
Underground ist weitgehend verschwunden, es sei
denn, eine neue U-Bahn-Linie wird eröffnet.
Bekanntermaßen ist der Schriftsteller im Alter
von 85 Jahren verstorben, und dies ist kein
Nachruf. Obwohl ein Ruf nachhallt. Wer genau
wissen möchte, wer dieser Jürgen Ploog war, was
er tat, vertrat und schrieb, möge eine
Internetsuchmaschine befragen, die ist
ergiebiger. Oder: Jürgen Ploog weiterlesen →
Ich bin 1 Anarchist
& hoffte deshalb natürlich inständig dass viele,
viele unvernünftige
Menschen die Verordnungen
unserer Regierung
mißachten würden.
Aber alles dunkel
auf der Reeperbahn.
Nur dunkle Klein-Dealer
an dunklen Ecken
& in Hauseingängen.
Sonst keine Lebenszeichen,
alle Geister erlahmt
– bis auf das arbeitslose
alte Liebesmädchen
das McDonald’s Happy Meal
ausm Mülleimer fischte.
Ihr Blick war teuflisch kalt, sie konnte das
Licht mit ihren grünen Eisaugen töten, er drang ins Innere wie eine Tunnelbohrmaschine. Man spürte ihn sofort, diesen Blick, er hinterließ eine Form der Geringschätzung bis hin zur Verachtung, für weniger als eine halbe Sekunde, um wieder den Modus zu wechseln und
mit einem Lächeln Wärme zu erzeugen.
Manchmal guckte sie mich an, sie dachte, ich würde schlafen, und beugte sich
rüber. Selbst wenn ich schlief, wurde ich wach und öffnete meine Augen. Erst dann beendete sie das Gemetzel ihres Blickes, der mich traf, zerstückelte und neu zusammensetzte.
Die Göttliche ist tot, nun kann der Dichter ihre
Legende erzählen. Gaby Deslys wurde am 04.
September 1881 in Marseille geboren, und Anfang
des 20. Jahrhunderts war sie bereits ein
gefeierter Star. 1906 verließ sie die Pariser
Bühnen und ging nach London. 1911 landete sie in
New York. Die Sängerin, Tänzerin und
Schauspielerin pflegte einen extravaganten Lebensstil. Auch dafür wurde sie gefeiert.
Bekannt wurde dieser Sunbed-War durch den
interkulturellen Konflikt zwischen Briten und
Deutschen auf spanischem Boden: Mallorca. Weil
die Deutschen gerne im Urlaub früh aufstehen, was den Briten, so das Klischee, schwerer fällt,
nutzen sie den zeitlichen Vorsprung, um sich noch
vor dem Frühstück die besten Liegen am Pool zu
sichern. Seitdem muss der Deutsche mit dem Ruf
einer „Handtuch-Brigade“ leben.
Die CD/DVD „The
Rockaway Way“
aus Dortmund
ist eine
einzigartige
Sammlung von
Lebensentwürfen
in dieser
Stadt. Der
Gitarrenladen Rockaway Beat
in der
Gneisenaustraße
hat damit die Idee umgesetzt, Dortmunder Musiker
aus dem Untergrund ihr Lied aufnehmen zu lassen.
Herausgekommen ist eine wilde Mischung aus
Stilen, Aussagen und Interpretationen zu dieser
Aufgabe »Der Song deines Lebens«.
Nachdem der edle Ritter Hartmut mit einem weißen
Elefanten und einer kleinen Gefolgschaft die
Alpen überquert hatte, schaute er zurück. Aber
das, was vor ihm lag, war viel gefährlicher.
Spätestens im Aostatal würde er auf die Römer
treffen. Seine Kameraden waren geschwächt und
hungrig, er musste sie unbedingt bei Laune
halten, für den großen Kampf, also öffnete er die
kleinen Fäßchen mit Rum und schenkte jedem
kräftig ein. Und wie das so ist, zum
Sonnenuntergang lagen alle betrunken im Gras und
schnarchten. Noch wusste niemand, was am nächsten
Morgen passieren würde.