Morgens, wenn ich in die Straßenbahn steige, und an manchen Morgen ist es besonders schlimm, sehne ich mich nach dem Feierabend, der kalten Flasche Bier, nach der Einsamkeit, und wenn ich leicht betrunken auf der Couch einschlafe und träume, ich sei pensioniert, vergesse ich beinahe, nach all dem Bier und der Ruhe, dass dann mein Leben fast vorbei ist. (Aus: Bewegungen im Untergrund)
Alle Beiträge von Hartmuth Malorny
Joshua gone Barbados
Eigentlich wollte Eric von Schmidt auf St. Vincent mit Frau, Kind und Kegel urlauben. Wir schreiben das Jahr 1962. Erst vor wenigen Wochen wurde der Zuckerrohrstreik auf der Insel erfolglos beendet. St. Vincent gehörte zur britischen Kolonie, und Eric war Künstler vieler Art: Maler, Illustrator, Grafiker und Musiker. Nach dem eher missglückten Urlaub schrieb er mehrere Songs, die sich mit der Umwelt der Insel, ihrem indigenen Trinkopfer der Wahl (Rum), und wie jeder wohlmeinende Songwriter der damaligen Zeit, mit Arbeitsfragen sowie sozialer und wirtschaftlicher Gerechtigkeit befassten.Joshua gone Barbados weiterlesen
Der Fluch der Seide
John Lombe, ca. 1693 in Norwich/Großbritannien geboren, verschrieb sich dem Beruf des Seidenproduzenten. Auch sein Halbbruder Thomas Lombe sah die Woll- und Seidenweberei als einträgliches Geschäft. Doch das Know-how beherrschten die Italiener, und sie verteidigten es. Also beschritt John Lombe einen ähnlichen Weg wie dereinst zwei byzantinische Mönche, die im Jahre 522 die Seidenraupe aus China entführten, er wollte das Wissen der Technik auf eben diese Art und Weise nach Großbritannien holen.Der Fluch der Seide weiterlesen
Das Schicksal des Le Gentil
Guillaume Joseph Hyacinthe Jean-Baptiste Le Gentil de la Galaisière, kurz Le Gentil genannt, wusste zum Zeitpunkt seiner Geburt, am 12. September 1725, noch nicht, dass er eine astronomische Laufbahn einschlagen, und diese von einer Abfolge des Scheiterns begleitet sein wird. Doch bis zu seinem 36. Lebensjahr blieb ihm das Pech fern, im Gegenteil, er wurde Mitglied der französischen Akademie der Wissenschaften und gedieh prächtig.Das Schicksal des Le Gentil weiterlesen
Adebar und Adele
Wie jedes Jahr wurde Adebar am Ende seines Urlaubs melancholisch. Er hatte mehrere Monate in Südafrika verbracht, viel getrunken, gespielt und lange geschlafen – aber nie alleine. Es sei anzumerken, dass Adebar zur Gattung der Schreitvögel gehört, er ist ein Weißstorch im besten Alter.Adebar und Adele weiterlesen
Wayback Machine
Internet Archive is a non-profit library of
millions of free books, movies, software, music,
websites, and more.
Hier schlummern auch alte, längst vergessene
Webseiten. Diese Datei-Leichen lassen sich durch
die Way-Back-Maschine wieder zum Leben erwecken.
Dank der Intelligenz der Programmierer vergisst
das Internet nichts. Fast nichts. Allerdings ist
der Wille zur Speicherung Voraussetzung, das
heißt, Menschen versorgen das Archive, und kein
künstlicher Krake, der mit einem Schleppnetz den
Boden des Internets abfischt. Und im
Umkehrschluss ist die Bereitschaft nötig jene
Leichen zu reaktivieren, die den Blick zurück
gestatten.
Archive Org begann seine Arbeit 1996, heute sind
alleine 486 Milliarden Webseiten gespeichert.
Eine davon ist www.malornys-ledertasche.de.vu/
Meinung und Wahrheit
Zwei Meinungen prallen aufeinander, und zwar so
gegensätzlich, dass sie eigentlich kollidieren
und sich dabei gegenseitig auslöschen müssten.
Das passiert nie. Es geschieht höchstens, dass
sich die Meinungsmenschen persönlich an die
Gurgel gehen und jeweils das Leben des anderen
beenden. Und jeder der beiden Verblichenen wird
in der Vorstellung sterben, es mit der richtigen
Meinung getan zu haben.
Zwischenbilanz
Ich kann nicht anders, ich bin allem verfallen
was mich betört. Das ist allerdings in weiter
Sicht gemeint, denn die Betörung greift um sich,
sie fasst eine Menge, wie zum Beispiel
Glück/Zufall, die Umstände von Zeit und Ort, die
familiären Verhältnisse, vielleicht die Gene. Wie
es sich für alte Männer gehört, ziehe ich eine
Zwischenbilanz:
Tootsie`s Orchid Lounge
Die ehrwürdige Kaschemme von Nashville
1979 in einer seltsamen Musikerkneipe in
Nashville. Einen ganzen Tag verbrachte er in
Tootsie’s Orchid Lounge, betrank sich und spielte
mit der Juke-Box. Erst am Ende begriff er, dass
er in der legendärsten Bar der Country-Musik
gelandet war.
Johnny Cash und das RPO
John Carter Cash war ungefähr 10 Jahre alt, als
er mit seinem Vater ein Filmfestival in New York
besuchte, um sich ein paar James-Bond-Filme
anzuschauen. Beim Intro zu „Goldfinger“ sagte der
Vater zu seinem Sohn: „That’s the finest
orchestra in the world, that’s the Royal
Philharmonic.“