Wenn die Sonne hinterm Tresen untergeht

Ich mochte ihre Art, wie sie da saß, mich
anschaute und wie sie der Bedienung
mit einem Fingerschnippen zu verstehen
gab, dass ich einen neuen Drink
brauchte.
Sie behielt mich einfach im Auge,
ihr Lächeln gegen meins,
manchmal stand sie auf, kam zu mir
rüber und fragte etwas.
Draußen fuhren Autos die Straße hoch und
runter,
Mopeds knatterten, es klingelte und hupte
und die Sonne verschwand allmählich
hinter den Bergen.
Sie wusste, dass ich bis zur Sperrstunde
bleiben würde, eigentlich war es
jeden Abend dasselbe,
ich trank, um mich zu betäuben,
um überhaupt schlafen zu können
und sie dachte, es sei nur eine
europäische Angewohnheit,
vermutlich hielt sie die komplette westliche
Welt für snobistisch, dekadent und
alkoholkrank.
Sie dachte auch, dass unsere Götter nicht ganz
so gründlich sind wie ihr Buddha, der
einen wenigstens als Schlange oder Affe
wiederkehren lässt, während es bei uns
nur so eine Art Himmel gibt,
also nichts greifbares.
Ihr Leben war diese Bar, wo sie dafür zu
sorgen hatte, dass niemandem der Drink
ausging, und wenn ich betrunken die
Straßenseite wechselte um zu meinem
Zimmer zu kommen, machte sie sauber,
spülte und putzte und fuhr anschließend
auf einem Moped nach Hause, und
ihr schwarzes, nach Jasmin duftende Haar
wehte im Wind, und dann hüllte
sie sich in eine Decke die am Holzfußboden
lag.
Drei Stunden später war sie wieder wach
und umsorgte ihre 4jährige Tochter,
während ich mich das erste Mal im Bett
umdrehte.