Eigentlich wollte Eric von Schmidt auf St. Vincent mit Frau, Kind und Kegel urlauben. Wir schreiben das Jahr 1962. Erst vor wenigen Wochen wurde der Zuckerrohrstreik auf der Insel erfolglos beendet. St. Vincent gehörte zur britischen Kolonie, und Eric war Künstler vieler Art: Maler, Illustrator, Grafiker und Musiker. Nach dem eher missglückten Urlaub schrieb er mehrere Songs, die sich mit der Umwelt der Insel, ihrem indigenen Trinkopfer der Wahl (Rum), und wie jeder wohlmeinende Songwriter der damaligen Zeit, mit Arbeitsfragen sowie sozialer und wirtschaftlicher Gerechtigkeit befassten.
Eric von Schmidt war eine zentrale Figur am Nullpunkt des Folk-Revivals der 1960er Jahre in Cambridge/ Massachusetts, wo sein musikalisches Genie andere Musiker wie Tom Rush, Joan Baez und Bob Dylan beeinflussten. Dylan notiere über ihn: "He can sing the bird off the wire and the rubber off the tire. He can separate the men from the boys and the note from the noise."
Joshua gone Barbados handelt vom Zuckerrohrstreik 1962, und wie Eric der Zeitschrift Broadside mitteilte, erfuhr er die Details des Streiks von der Inselsängerinn Norma Duncan. Leider implizierten sie, neben der Wahrheit, auch falsche Gerüchte. Zwar existierte Sonny Child tatsächlich, er war Plantagenbesitzer, wurde verprügelt und landete im Spital, doch niemand kam zu Tode. Eric von Schmidt singt weiter, Ebenezer Joshua habe die Sache verraten, er habe, als er Politiker geworden war, St. Vincent den Rücken gekehrt, um seine Karriere auf Barbados fortzuführen.
"Cane standing in the fields getting old and red
Lot of misery in Georgetown, three men lying dead
And Joshua, head of government, he say strike for better pay
Cane cutters are striking, Joshua gone away
Joshua gone Barabados, staying in a big hotel
People on St. Vincent they got many sad tales to tell."
Betrachten wir Ebenezer Joshua (1908-1991) und die Lage auf St. Vincent genauer: In jungen Jahren zog Joshua von einer Insel zur nächsten, von Job zu Job, bis er auf Trinidad der Arbeitergewerkschaft der Ölfelder beitrat. Er kehrte nach St. Vincent zurück, und gründete die Peoples Political Party (PPP), deren Plattform die Verbesserung der Löhne, Arbeitsbedingungen und die Trennung der kolonialen Beziehung zu Großbritannien beinhaltete. In den 1950er Jahren war Joshua bereits St. Vincent`s bekanntester Anwalt für die Arbeiterklasse, und von 1961 bis 1967 Premierminister.
Damals sahen die Zeiten politisch und wirtschaftlich schlecht aus, die kubanische Revolution hatte in der Karibik einen Nationalismus entfacht, die Zuckerrohrpreise sanken bodentief, überall kam es zu Streiks, und viele der Inselkolonien hatten sich zu einer Föderation organisiert - die Unabhängigkeit im Blick. Joshua galt als antikolonialer Politiker, der den Zusammenschluss befürwortete. Doch just 1962 zogen sich zwei Inseln mit den stärksten Volkswirtschaften, Trinidad und Jamaika, aus dem Verband zurück, weil sie am meisten beigetragen, und am wenigsten gewonnen hätten. Nun weigerten sich die Briten, die Föderation anzuerkennen. Im Mai 62, gerade zum Zeitpunkt der ersten Streiks auf St. Vincent, sollten die verbliebenden Mitglieder ein Treffen in Barbados abhalten, um die Zukunft des Bundes zu erörtern und die agronomischen Probleme anzugehen. Ebenezer Joshua hatte die Qual der Wahl: entweder blieb er auf St. Vincent, um der eher kleinen Gruppe der Streikenden kurzfristig zu helfen, oder er reiste mit einem langfristigen Ziel nach Barbados, nämlich weiter auf das Ende der Kolonialherrschaft hinzuarbeiten. Deshalb ging Joshua nach Barbados.
Eric von Schmidt (1931-2007) hatte keinen schönen Urlaub, sondern einen persönlichen Albtraum. Eheliche Unstimmigkeiten veranlassten seine Frau schon nach wenigen Wochen abzureisen. Natürlich nahm sie die Kinder mit. Nach langer Inspiration kehrte auch er heim. Doch bei der Ankunft fehlten 16 seiner Gemälde. Die Fluggesellschaft war sich keiner Schuld bewusst.
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